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Gegenwärtig sein – drinnen und draussen

Stimmungsbericht des September Sesshin Melchtal 2025

Für alle der am Sonntagabend angereisten Teilnehmenden war es das erste Sesshin im Melchtal im „Alten Kurhaus“. Neuer Ort, neues Haus. Manche, die sich im Lasalle-Haus sehr wohl gefühlt hatten, reisten mit gemischten Gefühlen an. 

Kein Hotelleriebetrieb, sondern Verpflegung hauptsächlich durch Jürgen Lembke, der als Zen-Lehrer eine Doppelfunktion wahrnahm, auch wenn die Teilnehmenden mithalfen.  Zimmer in Ferienwohnungen mit geteiltem Bad. Wie würde sich das anfühlen?

Sehr stimmig, finden die meisten beim ersten gemeinsamen Abendessen in einem grosszügigen Raum, in dem alle Teilnehmenden um einen Tisch sitzen können. Angenehme Zimmer, Bad und Dusche gleich angrenzend oder um die Ecke. Der Meditationsraum befindet sich im obersten Stock des Hauses, mit Panoramafenster hin zu den steil abfallenden, grünen Talflanken. Ebenfalls sehr stimmig und ruhig.

Das Alte Kurhaus ist eigentlich ein Neubau, erstellt in den 2000er Jahren an demjenigen Ort, wo früher das alte Kurhaus stand. Die Wohnform ist eine Mischung aus Wohneigentum und Ferienwohnungen, mit einem grossen Saal und einer ebensolchen Küche, welche für Anlässe, z.B. ein Sesshin, genutzt werden kann. So bewegen wir uns während der Woche auf drei Ebenen. Im untersten Stock wird gegessen, in der Mitte wohnen die meisten Teilnehmenden und zuoberst wird gesessen. 

Ist Samu für Bildungshäuser mit Hotellerie oft mehr ein Problem, denn ein Segen, ist es hier höchst willkommen. Täglich wenden wir am Morgen 40 Minuten auf, in denen achtsam Treppengeländer und Treppenhaus geputzt, den Hof gewischt, das Essen gerüstet oder WCs gereinigt werden. Dazwischen machen sich die permanenten Bewohner auf zur Arbeit oder zum Einkaufen, die Kinder gehen zur Schule. Im Haus ist es still, die schweigenden Sesshinteilnehmenden sind willkommen und gern gesehen, was wir alle als speziell empfinden. Unsere anfängliche Befürchtung, zu stören, zum Beispiel beim morgendlichen Gongschlagen um 5.50 Uhr oder beim Abendritual, bewahrheitet sich nicht. 

So sitzen wir in der Stille des Tals, lassen die frühmorgendliche Dunkelheit in den Tag übergehen und üben uns im *So-Sein“. Der Regen kommt, der Regen geht, die Sonne zeigt sich und verschwindet wieder hinter den Wolken. Gemeinsam decken wir den Tisch, räumen den Geschirrspüler ein und stellen die Lebensmittel in den Kühlschrank. Ohne Absprachen und langes Organisieren. Wir fühlen uns als Gemeinschaft und verhalten uns auch so. 

Der Nachmittag beginnt jeweils mit Körperübungen, die Verspannungen lockern und uns auf die zweite Tageshälfte einstimmen. Nach einigen Runden Sitzen gibt es statt eines freien Intervalls ein längeres Kinhin draussen, das wir mit jedem Tag mehr schätzen lernen. Fokussiert auf das «Gegenwärtigsein» sind wir 45 Minuten unterwegs, nicht, um uns «ein bisschen umzusehen», sondern um im Gehen die Ausrichtung beizubehalten, neugierig zu bleiben, was sich zeigt. Diese bewegte Meditation ermöglicht jedem Einzelnen, sich nochmals anders mit dem «So-Sein» zu verbinden. Ausserdem hilft es, den Organismus zwischen den Sitzperioden einmal täglich in Schwung zu bringen. 

So ziehen die Tage ins Land, schneller als erwartet – die einen reisen am Donnerstag nach Hause, andere kommen dazu oder bleiben die gesamten sieben Tage.

Fazit des ersten Sesshin mit Jürgen Lembke im Melchtal: Es hat funktioniert – und zwar sehr gut. Im von steilen Hängen umgebenen Melchtal und in diesem Haus mit seinem lebens- und menschenfreundlichen Geist kann es gelingen, sich ganz aus dem Alltag herauszunehmen und in die Stille zu gehen. 

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